“Kampfansage im Klassenraum”

Seminar „Cool sein – cool blieben“: Hauptkommissar schlüpft an der OTS immer wieder in die Rolle des fiesen Schurken

(PrT) „Ich hau dir gleich eine rein!” Der junge Schüler sitzt eingeschüchtert da. Der große aggressive Mann kommt ihm gefährlich nahe – und legt seinen rot-blau-gestreiften Schal plötzlich ab. Die Klasse 8 R atmet erleichtert auf. Der böse Schurke ist ohne seinen Schal bloß der nette Stephan, der mit dieser gespielten Situation zeigen will, wie man sich in einer bedrohlichen Situation richtig verhält. „Ich bin Chef und du bist Opfer“, das hat er sehr anschaulich vermittelt. Der „echte“ Stephan ähnelt seiner Fiesling-Figur so gar nicht: Stephan Messner ist Hauptkommissar der Polizei in Alsfeld und leitet das Seminar „Cool sein – cool bleiben“, das seit vielen Jahren sehr erfolgreich an der Ohmtalschule (OTS) in allen 8. Klassen veranstaltet wird.
Die erste Übung des Seminars: Die Klasse teilt sich in zwei Reihen auf. Die Aufgabe lautet, sich mit seinem Gegenüber zu unterhalten. Kein Problem. Aber die Schüler dürfen nicht gestikulieren, was es schwierig macht. Sie sitzen verkrampft, bewegen stattdessen ihren Kopf. In der nächsten Runde dürfen sie weder gestikulieren noch Mimik zeigen und müssen die Augen geschlossen halten. Sofort wird lauter geredet. Doch woran liegt das? Ganz einfach: Wenn man seinen Gesprächspartner nicht mehr sieht, spricht man automatisch lauter. Nach dieser Übung gehen die Meinungen der Schüler stark auseinander: Die Aussagen reichen von „Mir fiel es total schwer“ bis hin zu „Ich hatte gar keine Probleme damit“.
Messner erzählt von seinen Erfahrungen als Hauptkommissar. Die komplette Klasse hört ihm aufmerksam zu, die Schüler wirken ruhig und interessiert. Er gibt Tipps, wie man sich im Falle eine Falles richtig verhält, sich nicht provozieren lässt, nicht wegsieht, wenn man Zeuge wird, wie jemand Opfer einer Attacke wird. Deeskalation, ruhig bleiben, Helfen.
In der zweiten Übung namens „Hall of Fame“ werden wieder zwei Reihen gebildet, diesmal aber im Stehen. Nacheinander wird ein Schüler bejubelt, wenn er durch die Reihen läuft. Klassenlehrerin Regina Hirt macht den Anfang. Es wird laut applaudiert. Messner feuert die Schüler mit „Klasse!“ oder lautem Jubel an. Die Reaktionen sind verschieden, aber die Mehrheit der Schüler schaut beim Laufen zu Boden – aus  Scham. Es ist eine unangenehme Situation für die Klasse. Aber mit solchen Übungen möchte Messner auf Wahrnehmung und Auftreten aufmerksam machen.
Der Hauptkommissar leitet dieses Seminar aus freiem Entschluss in seiner Freizeit. „Es macht mir persönlich sehr großen Spaß, und ich halte es auch für sehr sinnvoll“, erklärt er.  Ehemalige Schüler sprächen ihn immer wieder auf das Seminar an – mit gutem Feedback. „Sie sagen, es hätte ihnen tatsächlich weitergeholfen“, sagt Stephan Messner, der hofft, dass dadurch einige Straftaten verhindert werden können.

Bildunterschrift:
“Gleich gibt’s aufs Maul” – der fiese Schurke Stephan bedroht einen Schüler, der nette Hauptkommissar Stephan erklärt anschließend, wie man sich in einer solch bedrohlichen Situation richtig verhält.

Text und Bild: Sophie Männche