Erfolgreiches Lesepatenprojekt wird fortgesetzt

(Sim) „Bücher sind doch langweilig.“ – „Wozu Bücher? Das steht doch alles im Internet!“ – „Warum müssen wir denn schon wieder ein Buch lesen?“ Äußerungen wie diese kennt wohl jeder Lehrer, obwohl seit dem „Pisa-Schock“ im Jahr 2000 – ausgelöst durch das  äußerst mäßige Abschneiden deutscher Schüler bei den wichtigen Disziplinen Lesen und Textverständnis – zahlreiche Schulreformen auf den Weg gebracht wurden. Einiges hat sich seither verbessert, aber noch immer stehen Lehrer täglich vor der Herausforderung, Kinder und Jugendliche zum Lesen zu motivieren. Und noch immer gibt es auch hierzulande Schüler, die am Ende ihrer Schulzeit nicht richtig lesen können. Laut der 2011 veröffentlichten „leo“-Studie, die vom Bundesbildungsministerium gefördert wurde und an der Universität Hamburg angesiedelt war, können 7,5 Millionen Deutsch sprechende Erwachsene nur so eingeschränkt lesen und schreiben, dass sie „von voller selbstständiger gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen“ bzw. häufig auf Unterstützung angewiesen sind – ein alarmierendes Ergebnis.

An der Ohmtalschule in Homberg (OTS) wird dieses Problem auf motivierende und kreative Weise angegangen. Lehrerin Ute Tondar initiierte für ihre Klasse, eine 9. Realschulklasse, ein Lesepatenprojekt, das so erfolgreich war, dass es im kommenden Schuljahr fortgesetzt wird. Die Idee: Gesamtschüler übernehmen Lese-Patenschaften für Erstklässler der Grundschule Homberg. Einmal pro Woche holen sie die Kleinen ab und gehen gemeinsam mit ihnen in die Stadt- und Schulbibliothek, die sich in der Gesamtschule befindet und eine Fülle von schönen Kinderbüchern bietet. Die Patenkinder wählen dort Bücher aus, aus denen die Paten dann vorlesen oder mit den Kleinen gemeinsam lesen üben.

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Nach anfänglichem Zögern arbeiteten sich die Neuntklässler sehr gut in die ungewohnte Aufgabe ein. Liebevoll kümmern sie sich um „ihre“ kleinen Zuhörer, gehen auf Lesewünsche ein, beantworten geduldig Fragen. Die Grundschüler genießen die Lesestunde, lauschen aufmerksam und betrachten neugierig Bilder. Woche für Woche freuen sie sich so sehr aufs gemeinsame Lesen, dass sie es kaum erwarten konnten, bis ihre Lese-Paten sie endlich abholen. Darüber hinaus machen die Erstklässler enorme Fortschritte in puncto Lesen. Tests zu den Halbjahreszeugnissen haben ergeben, dass sich die Klasse deutlich verbessert hat.

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Doch nicht nur die Kleinen, auch die Großen profitieren enorm von diesem einmaligen Projekt, und zwar in zweierlei Hinsicht: Die Neuntklässler lesen mit viel Spaß, was ihre eigene Lesemotivation steigert, und auch ihre soziale Kompetenz wird gestärkt. „Das müssten viel mehr Schüler machen, denn so macht Lernen Spaß!“ –  „Warum können wir nicht zwei statt nur einer Stunde pro Woche lesen?“, waren häufige Rückmeldungen an die Klassenlehrerin.

Nach dem großen Erfolg des Projektes steht für Grund- und Gesamtschule fest: Die Lese-Patenschaften werden im nächsten Schuljahr nicht nur fortgesetzt, sondern noch erweitert. Die Hauptschulklasse und die beiden Realschulklassen des 8. Jahrganges werden dann drei erste Klassen betreuen und den Kleinen wieder Woche für Woche schöne Lesestunden bereiten.