Als kolumbianische Gastschülerin in Zeiten von Corona

Antonia in Homberg, 8. Februar bis 27. Juni 2020

Ich bin Antonia Gonzalez Pinzon, bin 15 Jahre alt und komme aus Bogotà, Kolumbien. Ich war in Deutschland seit Februar, weil ich einen 5 monatigen Schüleraustausch machen wollte.

In Kolumbien sprechen wir Spanisch, aber ich gehe in eine deutsche Schule und dort lerne ich Deutsch schon seit 11 Jahren. Ich wohne mitten in Bogotà, der Hauptstadt von Kolumbien, und dort leben 7,4 Mio Einwohner. Deshalb war mein Leben in den letzten 5 Monaten sehr viel anders, als ich es von zuhause her gewohnt war.

Meine Gastgeber, die Familie Zieger, lebt in Appenrod, einem Stadtteil von Homberg, dort wohnen rund 200 Menschen. Die älteste Tochter Lina war meine “Gastschwester”, mit ihr zusammen besuchte ich die Ohmtalschule in Homberg. Das heißt alles war ganz anders, als ich es von Bogotà her kenne. Alles war hier sehr leise, es gab kein Verkehrschaos, die Luft war besser, man hörte und sah viele Tiere, man war mitten in der Natur und die Leute kannten sich alle untereinander.

Ich bin hier in Deutschland Anfang Februar angekommen, als noch niemand so wirklich an Corona und seine Folgen gedacht hatte. Mitte März wurde es auf einen Schlag komplett anders.  Durch den “Lock down” durfte ich nicht mehr in die Schule gehen und das Leben beschränkte sich nur noch auf die Gastfamilie.

Aber aus der Not machten wir alle gemeinsam eine Tugend: Wir wanderten fast täglich, es wurde viel gebacken, getöpfert und gemalt. Bei schönem Wetter machten wir mit den Pferden und dem Hund Ausflüge in die Umgebung, fuhren Fahrrad oder sprangen auf dem Trampolin. Meine Familie zuhause in Kolumbien beneidete mich in dieser Zeit sogar, weil wir hier auf dem Lande sehr viel mehr Freiheiten genießen konnten, als sie in der Großstadt, wo sie nur zum Einkaufen vor die Tür gehen durften. Auch in Sachen Sicherheit fühlte ich mich sehr gut aufgehoben. In Bogotà gehen Kinder niemals alleine aus der Wohnung.

Der Austausch war auch wegen Corona bedingt mit der Gastfamilie sehr intensiv. Wir kochten viel gemeinsam, auch einige kolumbianische  traditionelle Gerichte wie “Arepas” (eine Art Maismehlpfannkuchen) oder “Tortilla de huevo con arroz “(Reistortilla mit Ei). Bei der deutschen Küche hatten mir am besten Kartoffel- oder Linsensalat, Schnitzel,  oder Lauchkäsesuppe gefallen. Ihr Deutschen esst deutlich mehr Wurst und Kartoffeln als wir  Kolumbianer.

Weitere Unterschiede waren mir noch bezüglich der Mülltrennung, der Ordnungsliebe und dem Organisationsbestreben der Deutschen aufgefallen.

Auch habe ich den Übergang der Jahreszeiten sehr genossen. Bei uns in Bogotà gibt es diese nicht, bei uns herrscht immer das gleiche Klima, in Deutschland sah ich im Februar das erste Mal in meinem Leben Schnee und erlebte erstmalig den Frühling und den Übergang in den Sommer.

Mir hat meine Zeit in Deutschland sehr gut (“muy bien!”) gefallen, obwohl wir durch Corona nicht reisen durften, wie wir das vorher geplant hatten. Ich liebe Deutschland, eure Kultur, euer Essen und eure Natur. Ich habe vor, auf jeden Fall wiederzukommen.       Saludos, muchos gracias!              Antonia Gonzàlez Pinzòn